Union und FDP streiten über Vorratsdatenspeicherung
Samstag, 24. September 2011, 22:11
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Nach der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen in Berlin ist der Streit zwischen Union und FDP über die Vorratsdatenspeicherung neu entbrannt. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die Liberalen auf, ihren Widerstand aufzugeben. Er griff Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) scharf an, die an ihrem Nein zu einer vorsorglichen Datenspeicherung festhält.
Kauder verwies in den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ auf eine EU-Richtlinie, die die Einführung der Vorratsdatenspeicherung vorsehe. Eine Justizministerin, die die Umsetzung einer verbindlichen EU-Richtlinie verweigere, sei „ein Problem“, sagte er. „Wir müssen hier im Herbst in der Koalition zu einem Ergebnis kommen“, forderte Kauder.
Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe mahnte die FDP, sie müsse sich bei der Vorratsdatenspeicherung „endlich bewegen“. „Wir können uns keine Lücken im transatlantischen Sicherheitsnetz leisten“, erklärte Gröhe anlässlich des zehnten Jahrestags der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) warf der Justizministerin im „Hamburger Abendblatt“ vom Samstag „Arbeitsverweigerung“ vor.
Die schwarz-gelbe Koalition streitet seit Monaten um die Speicherpraxis: Während Leutheusser-Schnarrenberger die vorsorgliche Datenspeicherung strikt ablehnt und stattdessen für das Einfrieren von Daten im konkreten Verdachtsfall, das sogenannte Quick Freeze, plädiert, fordert Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate. Der Minister sei „zuversichtlich, dass es bald eine Lösung geben wird“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums.
Die neue Debatte hatte sich an der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen am Donnerstag in Berlin entzündet. Die 24 und 28 Jahre alte Männer arabischer Herkunft sollen laut den Ermittlern größere Mengen Chemikalien bestellt haben, die zum Bau von Sprengsätzen geeignet sind. Konkrete Anschlagspläne sind den Behörden nicht bekannt. Noch am Freitag sollte über einen möglichen Haftbefehl gegen die beiden Männer entschieden werden.
Die Festnahmen zeigten, dass die terroristische Bedrohung in Deutschland nach wie vor „sehr hoch“ sei, sagte Kauder. Leutheusser-Schnarrenberger sagte im rbb-Inforadio, dies sei aber kein Anlass, um „jetzt schon wieder mit der Vorratsdatenspeicherung zu kommen“. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wandte sich gegen eine „neue Placebo-Debatte“. Nach dem Urteil des Bundsverfassungsgerichts könne es keine Neuauflage der gleichen Regelung geben.
Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung war im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht wegen Verstoßes gegen das von Grundgesetz geschützte Fernmeldegeheimnis gekippt worden. Seither ringt die Koalition um eine Lösung.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, nannte eine sechsmonatige Datensicherung als Mindestvorraussetzung. Nur dann seien die Daten eine wirksame Ermittlungshilfe, sagte er im Deutschlandfunk. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) sagte dem selben Sender, er halte eine Vorratsdatenspeicherung „für eine bestimmte Zeit“ für eine sinnvolle Maßnahme“.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth forderte das Ende der Vorratsdatenspeicherung. Die schwarz-gelbe Koalition habe den Schutz der Bürgerrechte als politisches Ziel „längst aufgegeben“, kritisierte sie.


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