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Könnte es womöglich sein, dass die Überschwemmungen, die 2005 den Mittelwesten der USA heimsuchten, nicht nur dem Klima geschuldet, sondern auch durch das Erscheinen eines buchstäblich hundsgemein herzerweichenden Hunde-Romans mitverursacht wurden? Überfliegt man auch nur einige der sage und schreibe 1.181 Amazon-Rezensionen aus Übersee, so bleiben die zahlreichen bei der Lektüre vergossenen Tränen als wahre Sturzbäche in Erinnerung. Was ist hier los? Kann man in Zeiten demonstrativer Coolness und boshaften Raab-Humors einer seriösen Leserschaft noch ernsthaft ein Buch mit dem triefigen 50er-Jahre-Jugendbuch-Untertitel Unser Leben mit dem frechsten Hund der Welt unterjubeln? Schwer zu glauben aber es geht! Also, Taschentücher gezückt, speziell zum Ende wirds ganz schön herb! Reinrassige Labradorwelpen, hellbraun. Nur in gute Hände Etwas psychomäßig klingt es schon, wenn nach knapp 15-monatiger Ehe die Gattin ihre mütterlichen Instinkte erst an einem Welpen trainieren möchte, bevor sie sich an eigene Brut wagt. Erst ein Labrador, dann Kinder, so Jennys rigider Plan. So kam es, dass 1991 zuerst ein hellbraunes Etwas namens Marley für 350 Dollar das Haus des Journalistenpärchens in Florida in Beschlag nahm, wenig später gefolgt von drei Kindern. Anhänger artgerechter Tierhaltung, Agility- und sonstige Unterwerfungsliebhaber werden das Buch zähnefletschend hassen. Marley wächst heran zu einem komischen, überlebensgroßen Klotz am Bein, stocktaub gegenüber Befehl und Gehorsam, und bringt es schließlich fertig, als eine Art Anti-Lassie und Sofazerfleischer seine gesamte Familie zu liebenden und toleranten Menschen zu erziehen. Dies in Kürze die Botschaft, die Grogan an uns weiterreicht. Man mag John Grogan und seinen Tier- und Familienroman als literarisches Unterfangen für naiv und unzeitgemäß halten. Was aber besticht, ist die absolute Glaubwürdigkeit und Stilsicherheit des Autors. Hier schreibt niemand geringeres als ein Liebender seinen Nachruf. Dass Grogan wie nebenbei auch noch die Klaviatur der Tränendrüsen meisterlich beherrscht, zeigt sich im oben erwähnten Ende. Man sollte gewappnet sein. Marleys letzte Tage auf Erden, sein Todeskampf und die anschließende Fahrt in den Hundehimmel dürften auch das verhärtetste Herz zum Erweichen bringen. — Ravi Unger
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