Abgelegt unter: Allgemein
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Buch Grüezi und willkommen. Die Schweiz für Deutsche ist nicht ganz taufrisch. Vielmehr erlebt es gerade einen wiederholten Facelift. Doch genau wie guter Käse oder Wein, so wird auch dieses Produkt mit der Zeit immer reifer, besser, hochwertiger. Und aktueller, was nicht zuletzt an einem deutlich gestiegenen Interesse an dem kleinen, aber feinen Alpenland liegt: 2008 ist es Gastgeber der Fußballeuropameisterschaft, dann macht es (wenn auch zweifelhafte) Furore als Steueroase und avanciert zum Auswandererziel Nummer Eins bei den Deutschen. Kurz: Die Schweiz erfreut sich aus unterschiedlichen Gründen bei Deutschen steigender Beliebtheit. Wobei Susann Sitzler, ihres Zeichens Exil-Schweizerin, gleich zu Beginn die Hoffnung zerstört, die Schweizer freuten sich so sehr über die Deutschen wie umgekehrt. Das ist mitnichten der Fall und ausführlich erklärt Sitzler, warum das so ist und dass es sowohl Gründe gibt, die mit dem schweizerischen Gemüt zu tun haben, als eben auch solche, die erst die Zugereisten liefern. In drei Buchsektionen — „Schweizer für einen Tag“, „Schweizer für ein Jahr“ und „Schweizer für immer“ — beschert die Wahl-Berlinerin dem Leser erheiternde und subtil beschriebene Beobachtungen über kleine, aber absonderliche Kulturunterschiede zwischen Deutschen und Schweizern (wohlgemerkt ist hier aber immer nur die Rede von den deutschsprachigen Schweizern — französisch- und italienischsprachige Schweizer werden komplett außen vorgelassen). Mit spitzer Feder, fast schon unschweizerisch frech zuweilen, übt sie sich im ethnologischen Blick. Da wird vom Migros-Gefühl über die Waschküchen-Ordnung bis zur „Hundekotaufnahmepflicht“ geschrieben, woraus sich bereits eine Menge Do’s und Dont’s für Deutsche im Kontakt mit den Einheimischen ableiten lassen. Warum das Ganze so authentisch rüberkommt? Es ist Sitzlers Blick von außen, gepaart mit dem Wissen von tief innen, der Verständnis weckt und in der Kombination einen gelungenen Beitrag zur Völkerverständigung darstellt. Dabei kann die Lektüre nicht nur den Deutschen als Nachhilfekurs, sondern auch den Schweizern als Selbstoffenbarungslektüre empfohlen werden.– Christian Haas
— Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Keine Kommentare bisher • RSS-Feed für Kommentare • TrackBack URI
Hinterlase deinen Kommentar!