Swiss Wartime Work Camps [Sondereinband]
Mittwoch, 7. September 2011, 02:38
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Das Stroh der Freiheit Schweizer Flüchtlingslager im Weltkrieg fem. In der Kontroverse um die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg hat sich das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles durch ausgesprochen unsachliche Vorwürfe gegenüber der Schweiz ausgezeichnet. Den Höhepunkt dieser Kampagne bildete eine Studie zu den Flüchtlings- und Interniertenlagern, die in einem von dieser Institution bezahlten Pamphlet als «Sklavenlager» charakterisiert wurden. Auch diese Vorwürfe fanden den Weg in die (angelsächsische) Presse, wobei ein vierseitiger Bericht im Nachrichtenmagazin «Time» besonders negativ ausfiel. Dieser Beitrag veranlasste Ken Newman, der als jüdischer Flüchtling den Krieg in der Schweiz überlebt hatte, unter seinen Freunden und Bekannten Augenzeugenberichte über ihre Erlebnisse in Schweizer Arbeitslagern anzufordern. Doch das amerikanische Nachrichtenmagazin lehnte jede Richtigstellung ab, obwohl sechzig ehemalige Flüchtlinge ein wesentlich anderes Bild der Lagerrealität entwarfen, als es die Redaktoren von «Time» ihren Lesern vermittelt hatten. Um dieses Material dennoch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, kommt es nun, erweitert und mit einem kenntnisreichen Vorwort über die damalige Flüchtlingspolitik ergänzt, in englischer Sprache in die Buchhandlungen. Die Erlebnisberichte vermitteln, in leichten Variationen, die gleiche Grunderfahrung: Flucht vor den nationalsozialistischen Häschern, Grenzübertritt, erste Begegnung mit den Schweizer Behörden, Heimkarriere, Kriegsende. Mit Ausnahme einzelner dezidiert negativer Stimmen gleichen sich die Berichte auch inhaltlich in erstaunlichem Masse. Hatte man erst einmal die militärischen Auffanglager hinter sich gebracht, wo der Komfort militärisch war – was auch Schlafen auf dem Stroh bedeutete –, war das Lagerleben einigermassen erträglich, die Arbeit zwar manchmal hart, aber bezahlt, die Bewachung meist locker, die medizinische Betreuung gut, die Urlaubsregelung mässig grosszügig. Bemerkenswert ist auch, dass die meisten Augenzeugen zu Protokoll geben, selten oder nie Opfer antisemitischer Vorfälle geworden zu sein. Natürlich erklärt sich der positive Grundton dieser Erinnerungen auch mit der Tatsache, dass sie allesamt von jüdischen Flüchtlingen stammen, denen die Flucht in die Schweiz geglückt ist. Die Stimmen der andern sind verstummt. Um so mehr fällt auf, wie in nicht wenigen Fällen ein einfacher Soldat aus eigenem Antrieb den Befehl zur Abweisung unterlief, indem er vorgesetzte Instanzen dazu bewegen konnte, die Schutzsuchenden aufzunehmen. Zivilcourage war offenbar eine nicht ganz seltene Tugend in der damaligen Schweiz. Ken Newman: Swiss Wartime Work Camps, NZZ-Verlag 1999. Erhältlich zum Preis von 40 Franken im Buchhandel, beim NZZ-Buchverlag (Tel. 01/258 15 05, Fax: 01/258 13 99, Internet: www.nzz-Buchverlag.ch) sowie am Schalter Goethestrasse 10.


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