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Berlin (dapd). Das Warten hat sich gelohnt für Angela Merkel. Die Kanzlerin hat die Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag eigens verschieben lassen, bis das Verfassungsgerichtsurteil zu den Euro-Hilfen da ist. Um kurz nach zehn an diesem Mittwoch kommt dann die gute Nachricht für Merkel: Die Hilfen sind laut Gericht verfassungskonform. Nur etwas mehr Mitsprache für das Parlament fordern die Karlsruher Richter ein. Die große Klatsche bleibt aus.Nachdem das Urteil da ist, sitzt Merkel einigermaßen entspannt auf der Regierungsbank. Sie blättert in Unterlagen, tippt SMS in ihr Handy – mal auf, mal unter ihrem Tisch. Die Kanzlerin ist ganz in Schwarz gekleidet. Vor wenigen Tagen hat sie ihren Vater verloren. Ihren Kummer lässt sich Merkel nicht anmerken. Sie steckt die Köpfe mit ihren Sitznachbarn zusammen, streift durch die Regierungsreihen und plaudert mit ihren Kabinettskollegen.Gegen Viertel vor elf beginnt die Generaldebatte. Die „Elefantenrunde“ in der Haushaltswoche dient als Generalabrechnung mit der Politik der Bundesregierung – nicht der angenehmste Termin für die Kanzlerin. Die vergangenen zwei Jahre von Schwarz-Gelb waren eine Aneinanderreihung von Streitigkeiten, Fehlschlägen, Kursschwenks und Personalwechseln.Nun stellt die Euro-Rettung die Koalition vor die Zerreißprobe. Einige in den Regierungsfraktionen haben gedroht, ihre Gefolgschaft für die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zu verweigern. Eine Probeabstimmung am Montag ging daneben. Hinter den Kulissen arbeiten die Fraktionschefs von Union und FDP nun nach Kräften daran, die Reihen zu schließen. Das Urteil aus Karlsruhe ist dabei eine Hilfe. Das hebt auch die Stimmung der Kanzlerin.Merkel lauscht gelassen, wie SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Debatte eröffnet. Steinmeier spricht Merkel das Beileid seiner Fraktion aus. Dann setzt er zum Rundumschlag an, wirft Schwarz-Gelb Versagen vor, Orientierungslosigkeit, einen Zick-Zack-Kurs und eine „Politik des periodischen Dementis“. Der SPD-Mann spricht von „Fehlleistungen am Stück“, mit denen er sich nicht lange aufhalten wolle. Nur so viel: „Das ist die schlechteste Regierung seit Jahrzehnten.“ Zwischendurch dreht sich Merkel auf ihrem Stuhl einmal um die eigene Achse, und ein paar Mal – als Steinmeier allzu sehr aufdreht – lacht sie ihr mädchenhaftes Lachen.Die Attacken aus der Opposition sind derzeit das geringste Problem der Kanzlerin. Die ärgsten Gegenspieler in der Euro-Frage sitzen in den eigenen Reihen. Und so ist ihre Rede vor allem ein eindringlicher Appell an die Mitkoalitionäre. „Deutschlands Zukunft ist untrennbar mit der Zukunft Europas verbunden“, ruft Merkel in Richtung Unions- und FDP-Fraktion. Der Euro sei „viel, viel mehr als eine Währung“. Er sei „der Garant eines einigen Europas“. Und dann das Crescendo: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“Das Urteil aus Karlsruhe erwähnt Merkel nur kurz. Soweit sie das in der Kürze der Zeit überblicken könne, habe das Gericht den Kurs der Regierung „absolut bestätigt“, kokettiert sie. Es ist die Merkel’sche Art des Triumphierens. 34 Minuten später ist die CDU-Chefin fertig. Die Abgeordneten in den Koalitionsreihen spenden pflichtbewusst Beifall. Euphorie mag nicht so recht aufkommen. Aber Begeisterungsstürme sind auch Merkels Sache nicht. Entscheidend ist für sie die Koalitionsmehrheit bei der Euro-Abstimmung Ende des Monats.Kurz nach ihrer Rede setzt sich Merkel zu ihrem Fraktionschef Volker Kauder. Der CDU-Mann hat die Aufgabe, die Zweifler in den eigenen Reihen zur Räson zu bringen. Das Urteil der Verfassungsrichter macht ihm diesen Job deutlich leichter.dapd
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