Abgelegt unter: Berge
Einer unserer größten Kunden hat in der vergangenen Woche einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Dieser Kunde hinterlässt allein uns gegenüber einen Schuldenberg von mehreren hunderttausend Euro. Mir kam der Verdacht auf, dass es sich ggf. um Insolvenzverschleppung handelt. Zufällig bekam ich die Bilanz 2006 in die Hände, bereits dort wurde ein nicht durch EK gedeckter Fehlbetrag von 1.3 M €, sowie ein Verlußt von rd. 14 M € ausgewiesen. Des Weiteren habe ich bei Recherchen festgestellt, dass ein Belegschafts unterstützungsverein dieser FA im Aug. 06 aufgelöst wurde. Beschluss: sämtliche
noch eventuell bestehenden Forderungen
umgehend beim Liquidator anzumelden. – Deuten diese Indizien ggf. auf eine mutwillige Insolvenzverschleppung hin. Gibt es evtl. zusammenhänge mit der Auflösung des Vereins (ggf. aus euren Erfahrungen)? Wie stehen die Chancen auf Durchsetzung einer Klage gegen die GF? Ich bin für jeden konstruktiven Beitrag dankbar!
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Hi! Insolvenzverschleppung kommt leider sehr viel häufiger vor als schlussendlich von den Gerichten festgestellt wird. Das Problem bei der rechtlichen Beurteilung ist, dass der Vorsatz der Verantwortlichen unbedingt nachgewiesen werden muss.
Theoretisch liegt Insolvenz vor, sobald Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Überschuldung liegt vor, wenn das Eigenkapital in der Bilanz links in den Aktiva steht oder in den Passiva mit Minus aufgeführt wird. Insofern lag bei Bilanzerstellung also bei Deinem Kunden wohl schon Insolvenz vor.
Nun wird die Bilanz allerdings häufig erst mit erheblicher Verzögerung erstellt; die Zeitpunkt-Diskussion ist hier ganz wichtig: Ab wann wusste die Geschäftsführung von der Überschuldung? Das ganze ist manchmal eine kaum nachvollziehbare Erbsenzählerei. Sobald allerdings das Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist es eigentlich Job des Insolvenzverwalters, auch den Tatbestand der Insolvenzverschleppung zu prüfen und gegebenenfalls außerhalb der strafrechtlichen Würdigung auch der Haftungsfrage gegenüber der Geschäftsführung nachzugehen.
Es ist richtig,das mit einerBilanz der eindruck einer Insolvenz erst später ergeben kann.
Wenn ich jedoch Ware kaufe,ohne Geld zur Rechnungsbegleichung in „Sicht“ zu haben,mein Haftungskapital diesen Betrag nicht deckt,ist das Betrug.
Die ersten Zeichen einer Liquiditätsschwäche machen sich durch das Nichtzahlen von Sozialversicherungsbeiträgen der Angestellten bemerkbar.Auch hier ist bei den Kassen oftmals ein „Mitverschulden“ zu finden.
Grundsätzlich wird ein guter Insolvenzverwalter dieses alles berücksichtigen.Dein Steuerberater sollte eigentlich wissen,was „Sache“ ist.
Am besten trittst Du Deine Forderung der Bank ab,dann klagt die,(grins).
Alles weitere ist wohl zu spezifisch um es hier zu erläutern
Gruß der Pate
Konkursverschleppung ist ein Wirtschaftsverbrechen und kommt leider allzu oft vor.
Manchmal unbeabsichtigt, manchmal vorsätzlich.
Einen Vorsatz zweifelsfrei nachzuweisen, ist bei unserer laxen Rechtssprechung nicht gerade einfach.
Vor allem deshalb, weil die Hauptgläubiger – Krankenkasse und Finanzamt – den einfacheren Weg der sog. „Durchgriffshaftung“ wählen, um an ihr Geld zu kommen.
Dir bleibt leider nicht viel anderes übrig, als deinen Forderungsausfall beim Insolvenzgericht anzumelden und darauf zu hoffen, dass eine einigermaßen akzeptable Quote herauskommen wird.
Wird der Insolvenzantrag abgelehnt, z.B. mangels Masse, kannst du immer noch Klage einreichen.
Ich kann nachvollziehen, dass momentan deine Wut groß ist.
Aber dennoch solltest du sorgfältig die Chancen abwägen, ob du über eine Klage tatsächlich an dein Geld kommst.
Die Anwalts- und Gerichtsgebühren musst du zunächst einmal verauslagen. Und bei einem Streitwert von 100.000 Euro wird das kein Pappenstiel! Ich denke mal (so aus dem Stegreif), dass du mit ca. 12.000 Euro für die erste Instanz in Vorleistung gehen musst.
Was nützt es, wenn du Recht bekommst, aber kein Geld siehst?
Dann hast du gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen, wie man im Volksmund so treffend sagt …
Die Beantwortung dieser Frage stellt keine juristische Auskunft oder Rechtsberatung im Sinne des Grundgesetzes dar!
Zunächst mal grundsätzlich:
Wenn die Sache in der Insolvenz des Unternehmens endet, dann macht es absolut keinen Sinn, noch zivilrechtlich gegen das Unternehmen vorgehen zu wollen. Genau deshalb gibt die Insolvenzordnung ja auch vor, daß während der Laufzeit eines InsVerf alle dahingehenden Zivilklagen und Vollstreckungen ruhen, weil ihre Fortführung unzulässig ist.
Wenn Du Aus- oder Absonderungsrechte oder dergleichen hast, dann musst Du sie im (Vor-)Verfahren fristgerecht geltend machen und gut. Wenn keine, hast Du – was das angeht – pech gehabt, dann gilt der schöne alte Grundsatz „Keine Arme, keine Kekse!“.
Ob und inwieweit neben den Ansprüchen an die (wohl untergehende) Firma auch Ansprüche gegen den oder die Geschäftsführer als Peson(en) bestehen (dann ja wohl aus deliktischer Haftung, sprich: weil diese sich mit der Art ihres Handelns für die Firma strafbar gemacht haben), das ist eine 2. Frage.
Ob und inwieweit einem das ggfs. was nutzt, weil bei denen dann auch was zu holen ist oder nicht – das ist die 3. Frage.
Die Frage nach dem Vorliegen einer Insolvenzveschleppung wird vom InsVerw in der Tat „von Amts wegen“ gestellt, denn dieser bringt sein Verfahren ja auch zu einem erfolgreicheren Ende, wenn er die Masse vergrößern kann, indem er ein paar mehr Verantwortlichen in die Taschen fasst. Wenn Du da Anhaltspunkte / Belege hast, welche über dem Verwalter auch schon vorliegende Bilanzen hinausgehen, dann wird er sich freuen, wenn Du sie ihm zur Verfügung stellst.
Explizit zur Klage gegen den / die GF als Zivilklage eines einzelnen Gläubigers: Da musst Du schneller sein als der InsVerw, der bei Vorliegen der Voraussetzungen da auch nicht zimperlich sein wird und Du musst Dich dann, wenn beide Titel erstritten haben, mit diesem herumstreiten, wer seinen Anspruch effektiver durchsetzen kann (wenn er denn durchsetzbar ist soll heissen: wenn denn überhaupt was zu holen ist). Kein Geschäft, das Spaß macht!