Abgelegt unter: Haustiere
Große, sanftmütige und leuchtende Augen, ein rotes Fell, das in der Sonne golden glitzert, lockige Ohren und fransengesäumte, schmale Füße, das ist Flush, ein Cocker Spaniel edler Abstammung, der in ärmlichen Verhältnissen geboren wird und den seine Herrin in frühester Jugend an eine junge, bettlägerige Dichterin aus herrschaftlichem Hause verschenkt. Flush, der es gewohnt ist, durch Wiesen und Felder zu tollen und dem inneren Ruf seiner Urahnen zu folgen, die ihn zur Jagd anspornen, verbringt nun fünf stille Jahre in einem verdunkelten Schlafzimmer am Fußende von Miss Barretts Lager. Doch es ist Liebe auf den ersten Blick, beide Wesen, obwohl so verschieden, sehen sich in gewisser Weise ähnlich und spüren, daß sie sich in vielerlei Hinsicht ergänzen. So opfert Flush aus Liebe zu Miss Barrett seine Lebendigkeit, seinen Mut und seine Jagdgelüste und so sind sie eine lange Zeit miteinander allein, während Flush, bereits von Natur aus einer einfühlsamen Rasse angehörend, ein erstaunliches Gespür für menschliche Empfindungen entwickelt und zum geheimen und äußerst verschwiegenen Mitwisser des intimen Lebens seiner neuen Herrin wird. Wie die Liebe in Miss Barret wieder die Lebensgeister erweckt und sie von ihrer Krankheit erlöst, wie sie täglich fiebernd Briefe liest und einen Herrn mit schwarzen Locken und gelben Handschuhen empfängt, wie sie Flush aus den Fängen der Hundediebe befreit und wie sie ihre Flucht nach Italien plant, all das erfahren wir aus der Perspektive Flushs, der am Tonfall bemerkt, was vor sich geht, während er die Worte nicht versteht, der mit den Sinnen wahrnimmt und dem sich die Welt hauptsächlich durch Gerüche erklärt. Flush denkt, beobachtet und reflektiert wie ein Fabelwesen, und während sich uns aus seiner Sicht das Leben des Dichterpaares Elizabeth Barret und Robert Browning offenbart, erhalten wir tiefen Einblick in die Wesenhaftigkeit von Mensch und Tier, in ihre ewigen Beziehungen zueinander und in die Analogien, durch die sich die Menschenwelt mit der Welt der Hunde so herrlich parodieren läßt. –Daphne Unruh
— Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe:
Taschenbuch
.
Keine Kommentare bisher • RSS-Feed für Kommentare • TrackBack URI
Hinterlase deinen Kommentar!